Kunst in den Häusern (1)

Handverlesene Kunst und Kuriosa aus der bunten Tangermünder Stadtgeschichte schmückt in unseren Häusern manche Wand. Über die Jahre sammelt sich allerhand an – Tangermündia von Werbemarken bis Schokoladengussform, aber auch das eine oder andere Blatt Kunst, das einfach gut passte. Wir erläutern hier in mehren Folgen nach und nach, was wo zu sehen ist und warum.

Aus der Bauhaus-Zeit von Gerhard Marcks (1889-1981) und der Bekanntschaft mit Lyonel Feininger resultierte die Liebe des Bildhauers zum Holzschnitt. Den „Wachhund“ im Zollensteig und der Töpferstraße 2 schuf Marcks 1979 anlässlich einer Ausstellung zum 90. Geburtstag. Das Plakatmotiv ist ein Original-Linolschnitt, der seinerzeit exklusiv für das Plakat gemacht wurde und von dem keine anderen Abzüge außerhalb dieser Auflage existieren. Auch der Porzellan-Luchs an der Wand überm Sofa ist von Marcks!

Die im Elbfischerhaus hängende Farblithographie von Thomas Huber entstand 2006 als eine von mehreren Arbeiten für die Hamburger „Griffelkunst“, eine Kunstsammlervereinigung, in der wir Mitglied sind. Huber ist gebürtiger Schweizer, lebt heute in Düsseldorf. Uns fasziniert an diesem Bild neben dem farblichen Spiel mit den Tangermünder „Hausfarben“ das verspielte Oszillieren zwischen altem Background und neuer, modernistischer Attitude, in dem wir uns selbst wiedererkennen in unserem Versuch, das 350 Jahre alte Haus behutsam und akurat gleichzeitig für eine andere, gegenwärtige Nutzung „zuzuschneiden“ und die alten Schichten und Geschichten freizulegen.

Werbemarken im Zollensteig: 1903/04 setzte Zuckerfabrikant Friedrich Meyer den Plan, mit einer Angebotserweiterung noch mehr Zucker unter die Leute zu bringen, in die Tat um. Die Kooperation mit James Keiller aus dem schottischen Dundee sorgte für feine Marmeladen und Konfitüren aus Tangermünde. Ende des 18. Jahrhunderts hatte ein Vorfahr von Keiller eine havarierte Ladung Bitterorangen gekauft, die zum roh essen nicht geeignet waren. Ehefrau Janet machte Marmelade daraus, die sofort reissenden Absatz fand… und so den Grundstein für eine Kultmarke legte, die auch in Tangermünde eine ganze Weile erfolgreich war. Auch das stark vergrößerte Werbemotiv im Wohnraum des Zollensteigs ist eine vergrößerte Meyersche Werbemarke.

Echte Schmetterlinge würden wir nie töten und auf Nadeln spießen – bei den im Zollensteig im Schaukasten gezeigten Objekten handelt es sich um Papierfalter aus der Tangermünder Schokoladenfabrik, etwa um 1910. In großen Kakaodosen der Marke Falter (in der Küche steht eine!) lag jeweils ein Schmetterling zum Sammeln und erzog so die jungen Kakaotrinker zum Stammkunden.

Dem unbekannten Hamburger Expressionisten Otto Niebuhr wird dieses (mit Otto Reimer Niebuhr signierte) frühe Frauenportrait zugeschrieben. Niebuhr war vor allem durch karge Holzschnitte (etwa in „Die rote Erde“, 1918) bekannt; bei einer Versteigerung in den USA entdeckten wir ein paar Aquarelle und Ölgemälde. Die wohl hundertjährige Dame schaut unverwandt unter der Treppe in der Töpferstraße 1 hindurch.

’Ne Menge Kunst hängt neuerdings im Schrotkontor. Neben einem riesigen Foto von Edith Held gibt es im ersten Stock zB zwei großformatige Holzschnitte von Stefan Balkenhol (Foto) überm Bett.

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