Am Samstag vor dem zweiten Advent war auch dieses Jahr wieder Weihnachtsmarkt in den alten Stadtmauern – Weihnachtsmarkt und „Tag der offenen Höfe“. Und wie jedes Jahr reihten sich in der Langen Straße die Stände aneinander, und die reichgeschnitzten Hoftore waren weit geöffnet und lockten die Besucherströme von der Straße ins Innere.
Man mag Weihnachtsmärkte (und Glühwein, Bratwurst und Luftballons in Tier- oder Comicfigurenformen) mögen oder auch nicht, aber wer sich wie wir dann trotzdem ein paar Meter von den Flanierenden mitziehen lässt, stößt schon nach ein paar Schritten auf etwas, das zum Probieren oder Ansehen einlädt. Das duftende, dickkrumige Brot, das der Bäcker am Rathaus aus dem Holzofen holt. Die Kräppel, brutzelbraunes, pfannkuchenartiges Gebäck direkt aus dem siedenden Öl. An der Ecke verkauft jemand prachtvolle Mistelzweige, auf der Bühne sitzt nach den Blechbläsern plötzlich ein Folk-Gitarrist, und in Neumanns Höfen wird gestrickt, was das Zeug hält. Das Kuhschwanzbier fließt in Strömen, und im Schrotturm gleich neben unserer bald beginnenden neuen Baustelle werden oben im Turm Märchenfilme gezeigt. Der Weihnachtsmann persönlich fährt mit einem Pferdewagen durch die Menge, und wer will, darf ganz kostenlos mitfahren und lachen, wenn der merkwürdige Alte die verdutzten Tangermünder mit der Rute tupft. Die Amateurfunker haben die Tür ebenso geöffnet wie die beiden Töpfereien und die Trödelhändler. Im Bauernmarkt gibt es selbstgebackenen Blechkuchen, Aale hängen im Rauch, und längst haben nicht nur die Kinder glänzende Augen in diesem Rummel: Bald ist Weihnachten!
Wie selbstverständlich wandert eine Gruppe von zehn, elf Leuten mitten durch das Markttreiben, die hier etwas probiert, da ein Schwätzchen hält und alle Zeit der Welt zu haben scheint. Und die Zeit scheint überhaupt gerade stehen geblieben zu sein; aber Rüschenkleider und Monokel passen schließlich viel besser zu den historischen Häusern. Die übrigen Passanten nehmen jedenfalls ganz selbstverständlich hin, dass diese Besucher hier – wie der Markt und eigentlich auch die ganze Stadt – nicht ganz aus dieser Zeit sind. Und deshalb die beste Kulisse, die sich ein Weihnachtsmarkt nur wünschen kann.
(Fotos: Oben beim Weihnachtsmarkt; zwei Stadtansichten vom 25.12.2014. MK)